Brainstorming


Die methodische Grundlage

Brainstorming ist die am häufigsten angewendete Methode zur Ideenfindung. Sie wurde bereits in den späten 30er Jahren von Alex Osborne entwickelt. Ihre Produktivität beruht vor allem darauf, dass

  • zur Lösung eines Problems das Wissen mehrerer Personen genutzt wird,
  • denkpsychologische Blockaden ausgeschaltet werden,
  • durch die Ausgrenzung restriktiver Äußerungen die Lösungsvielfalt erweitert wird,
  • das Kommunikationsverhalten der Beteiligten gestrafft und „demokratisiert“ wird,
  • unnötige Diskussionen vermieden werden.

Vorgehensweise

Ein erfolgreiches Brainstorming beruht vor allem auf der Beachtung von vier Grundregeln:

Regel 1:

Jede Kritik oder Wertung an den geäußerten Ideen wird auf eine gesonderte, nachfolgende Phase verschoben. Diese Separierung von Kritik und Bewertung von der Ideenproduktion bewirkt,

  • dass der Ideenfluss nicht unterbrochen wird.
  • die Teilnehmer nicht frustriert oder blockiert werden, vor allem nicht durch unsachliche Kritik – sogenannte „Killerphrasen“.
  • dass langatmige Diskussionen über das Für und Wider einer Idee unterbleiben.

Regel 2:

Die Ideen anderer Teilnehmer können und sollen aufgegriffen und weiterentwickelt werden. Unser gewohntes Diskussionsverhalten geht dahin, zunächst an den negativen Aspekten anzusetzen, diese herauszustellen und an ihnen die Untauglichkeit der Idee zu beweisen (negative Kritik). Es ist jedoch konstruktiver, an den positiven Aspekten einer Idee anzuknüpfen und zu versuchen, durch das Hinzufügen eigener Überlegungen die Qualität der genannten Idee zu verbessern.

Regel 3:

Die Teilnehmer können und sollen ihrer Phantasie freien Lauf lassen. Diese Brainstorming-Regel gibt allen Teilnehmern die Sicherheit, dass keiner ihrer Beiträge – und sei er noch so halbfertig oder spekulativ – kritisierend zurückgewiesen wird, sondern dass jede Anregung willkommen ist.

Regel 4:

Es sollen möglichst viele Ideen in kurzer Zeit produziert werden. Denn dadurch

  • gewinnt der Gedankenfluss an Spontaneität und es werden mehr ungewöhnliche Ideen hervorgebracht (eine größere Ideenmenge erhöht also die Wahrscheinlichkeit, dass darunter auch ausreichend viele gute oder sehr gute Ideen sind).
  • bleiben die einzelnen Beiträge der Teilnehmer kurz und prägnant. Das Brainstorming artet nicht in langatmige Erklärungen und Monologe aus.

Durchführungsempfehlungen

 

1. Gruppengröße und -zusammensetzung

Die „ideale“ Brainstorming-Gruppe umfasst zwischen fünf und sieben Teilnehmern. Ist die Gruppe kleiner, ist oft das assoziative Potenzial zu gering für einen ausreichenden Ideenfluss. Ist die Gruppe größer, dann muss mit kommunikativen Störungen gerechnet werden. Es ist vorteilhaft, Gruppen im Hinblick auf das Problem interdisziplinär zu besetzen bzw. eine Mischung aus Fachleuten und Laien anzustreben. Hierarchische Unterschiede zwischen den Teilnehmern können zu spürbaren Hemmungen in einem Brainstorming führen.

2. Rollen der Gruppenmitglieder

In der Regel unterscheiden wir den aktiven Brainstorming-Teilnehmer, den Moderator und den Protokollanten sowie den Problemsteller.

Der Moderator
Seine Hauptaufgaben bestehen darin,

  • die Gruppe in das Problem einzuführen.
  • auf die Einhaltung der Brainstorming-Regeln zu achten.
  • stille Teilnehmer zu aktivieren, dominierende zu dämpfen.
  • durch Reizfragen nachlassende Ideenflüsse wieder zu stimulieren.
  • darauf zu achten, dass sich die Gruppe nicht vom Thema entfernt.
  • das Ende der Brainstorming-Sitzung anzusagen.

Apropos „Reizfragen“. Alex Osborn hat einen kleinen Katalog solcher Fragen entworfen, die sich aus den Heurismen ableiten und weitere Ideen provozieren. Ein Moderator kann sie mit besonderem Gewinn in den Totpunkten des Ideenflusses an die Teilnehmer richten. Sie lauten:

  • Gibt es zum Problem Ähnliches, das wir aus anderen Erfahrungsbereichen übertragen können?
  • Sehen wir andere Anwendungsmöglichkeiten?
  • Können wir Ideen an bestimmte Gegebenheiten anpassen?
  • Entsteht Neues durch Verändern von Funktionen, Formen oder Eigenschaften?
  • Können wir vorteilhaft einen Lösungsbestandteil vergrößern oder verkleinern?
  • Können wir der Lösung etwas hinzufügen, können wir etwas weglassen oder ersetzen?
  • Gibt es möglicherweise interessante Kombinationen mit anderen Dingen oder von Ideen miteinander?
  • Gelingt die Lösung des Problems, indem man etwas in das Gegenteil verkehrt oder eine Abfolge verändert?

Der Protokollant
Alle Beiträge der Teilnehmer sind genau zu verfolgen und das Wesentliche ihres Inhalts als Destillat festzuhalten.

3. Einberufung eines Brainstorming

Wer zum anberaumten Zeitpunkt seine Bereitschaft zur Teilnahme erklärt, erhält ein Briefing zugesandt, auf dem neben Ort und Zeit wichtige Daten über das Problem zusammengestellt sind. Der für das Brainstorming ausgewählte Raum sollte störungsfrei sein und bequeme Sitzmöbel enthalten, die zu einer lockeren Runde arrangiert sind.

4. Dauer eines Brainstorming

Das eigentliche Brainstorming beginnt nach der Vorstellung, Analyse und Definition des Problems und läuft in der Regel zwischen 20 bis 40 Minuten, zuweilen auch erheblich länger.

5. Verarbeitung des Protokolls

Brainstorming liefert selten fertige Lösungen, sondern Ideen und Lösungsansätze, die zudem oft nur vage formuliert sind. Damit keine Sinnverluste entstehen, ist es empfehlenswert, wenn die Gruppe nach der Ideenfindung noch einmal gemeinsam das Protokoll durchsieht, um etwaige Unklarheiten durch eindeutige Formulierungen zu ersetzen. Die weitere Behandlung der Ideen obliegt in erster Linie dem Problemsteller, der nun in eventuell kleinerer Expertengruppe die verbliebenen Ideen weiter ausgestaltet, ordnet, gliedert und bewertet. Da ein Brainstorming oft noch in den Köpfen der Teilnehmer „nachschwingt“, sollte man diese bitten, alles, was ihnen später noch einfällt, nachzureichen.


Verbreitete Anwendungsmängel

  • wenig vorbereitete Präsentation der zu behandelnden Problematik, ungenügende analytische Durchdringung und Hinterfragung der Sachzusammenhänge und das Fehlen einer klaren, eindeutigen Zielformulierung.
  • unzureichende Vorbereitung des Moderators, der deswegen die Sitzung mehr oder weniger verwaltet und kaum in der Lage ist, durch spezifische Reizfragen eine breite Ideenvielfalt zu provozieren.
  • Fixierung der Teilnehmer auf Moderator, Protokollant oder Problemsteller. Die Kommunikation zwischen den Teilnehmern ist nur schwach ausgeprägt, worunter die Synergie leidet.
  • das Brainstorming verläuft nur formal kritikfrei, die Teilnehmer können sich jedoch der inneren Verpflichtung nicht entledigen, nur „vernünftige“ und „abgesicherte“ Ideen zu äußern.
  • zu wenig unbeschwertes, im Sinne des Wortes phantasievolles Denken.
  • stete Neigung, in Fachdiskussionen auszubrechen.
  • Dominanz der anwesenden Experten, die mit ihren Beiträgen explizit oder stillschweigend die gedanklichen Suchrichtungen vorgeben.
  • die meisten Ideen bleiben auf einer unverbindlichen, manchmal sogar nichtssagenden Schlagwort-Oberfläche. Es fehlt an der kreativen Energie, interessante Details herauszuarbeiten, die neue Lösungsansätze letztlich erst kennzeichnen würden.
  • es wird zu wenig visualisiert, was insbesondere zur Verdeutlichung technischer Ideen wichtig wäre. Dies gilt für Teilnehmer und Protokollanten.
  • zu viele Gedanken werden nur wörtlich genommen. Es fehlt an Fähigkeit und Bereitschaft, symbolische Sinngehalte zu interpretieren. Hinzu kommen Hemmungen, symbolische Gedankenformen überhaupt zu äußern.
  • der Protokollant versucht bereits während des Brainstormings, die aufkommenden Ideen zu ordnen und zu gliedern. Diese Vorstrukturierung der Gedanken beeinträchtigt jedoch die erwünschte Denkdynamik.
  • das Brainstorming wird zu früh abgebrochen und beinhaltet häufig nur eine Zusammenfassung des Standes der Technik, ohne in eine eigentliche kreative Phase vorgedrungen zu sein.
  • der Brainstorming-Begriff selbst ist unscharf. Alle möglichen Ideenfindungsformen (z. B. das Arbeiten mit Kärtchen) werden mit diesem Begriff belegt, wodurch eine bestimmte Regelunsicherheit entsteht.